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Dienstag, 12. Februar 2013

Das 4.Eisenbahnpaket der EU
Ausschreibung – Zerschlagung – Privatisierung

Der Entwurf für das 4. Eisenbahnpaket der EU wurde nun öffentlich. Mit der Abkehr von der starren Auftrennung der Bahnkonzerne zwischen Infrastruktur und Betrieb, hin zur Errichtung von "Chinesischen Mauern" innerhalb der bisher noch staatlichen Konzernen. Solche "Chinesischen Mauern" wird die Konzerne wohl nicht wirklich bei der Umsetzung des politischen Auftrages der Gewinnmaximierung abhalten. Das Gegenteil ist der Fall, denn mit dem 4.Eisenbahnpakt, welches nun dem EU Parlament zur Beschlussfassung vorgelegt werden soll, wird der Auftrag zur Gewinnmaximierung nachdrücklich bestätigt. Und selbst wenn die "Chinesischen Mauern" das Bahnmanagement bei der Umsetzung ihres politischen Auftrages stören, bisher hat die Politik, und das von ihr beauftragte Bahnmanagement, noch immer einen Ausweg gefunden, um ihre Ziele umzusetzen.

Medienberichte zufolge drohte der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn AG, R. Grube, mit seinem Rücktritt, falls das EU-Paket die Trennung von Netz und Betrieb vorsieht. So hat die Deutsche Regierung nun auch ihren wesentlichen Einfluss auf die Politik der EU eingesetzt, um vorerst eine verpflichtende Trennung von Netz und Betrieb zu verhindern. Damit steht dem Vorstand der Deutschen Bahn AG der Weg weiterhin offen, mit den staatlich finanzierten Mitteln für die Infrastruktur, die Gewinne des Konzerns zu verdoppeln.

Mit einem Video zum 4.Eisenbahnpaket , in dem der Öffentlichkeit eine „rosige“ Zukunft im privatisierten Bahnverkehr der EU verkauft wird, soll der Wettbewerb auf Kosten der Steuerzahler, Nutzer und Beschäftigten als einzige mögliche Notwendigkeit dargestellt. Es sollte uns nicht wundern, wenn wir dieses Video zukünftig zur besten Sendezeit über unsere Mattscheiben flimmern sehen.




Folgende Änderungen gibt es zu den vorherigen Entwürfen zum 4. Eisenbahnpaket:

  • Die Zulassung von Zügen und Infrastruktur soll in einer "European Railway Agency" europaweit zentralisiert werden. Damit sollen einheitliche Fahrzeugstandards eingeführt werden. Die Kosten für einen europaweiten Fahrzeugstandard werden wohl nicht bei den Fahrzeugherstellern und -betreibern hängen bleiben, sondern auf die Allgemeinheit abwälzt werden.
  • Die bisherige Ineffizienz im Infrastruktursektor, wird in der Ignoranz der Infrastrukturbetreiber gegenüber den Wünschen der Betriebsunternehmen dargestellt. Damit die Netzbetreiber mit allen privaten, staatlichen und kommunalen Bahnbetreibern gleichermaßen ihre "Effizienz" erreichen, ohne dass es den Verdacht der Vorteilsnahme gibt, soll die Trennung von Netz und Betrieb forciert werden. Gleichzeitig können damit die Trassenpreise auf Grundlage der Interessen der unterschiedlichen Bahnbetreiber an den begrenzt vorhandenen Gleisen weiter erhöht werden. Über Angebot und die Nachfrage werden so zusätzliche Gewinne gemacht werden, was den Steuerzahlern und Kunden teuer zu stehen kommen.
  • Vorerst können die Bereiche der Infrastruktur und des Bahnbetriebs innerhalb eines Konzerns unter dem Dach einer Holding verbleiben (wie bei der DB AG), jedoch durch eine "Chinesiche Mauer" betrieblich, organisatorisch und wirtschaftlich getrennt werden.
  • Es soll eine übergeordnete Organisationseinheit der Infrastrukturunternehmen geben ("Infrastructure Manager"), die international kooperieren sollen. Auch die Infrastrukturstandards (z.B. Zugsicherungssysteme) sollen vereinheitlicht werden. Diese Kosten werden ebenso nicht den Infrastrukturen angelastet werden, sondern dem Steuerzahler in Form der Finanzierung durch den Staat.
  • Zur Frage der Investitionen in neue Züge (30-40 Jahre Abschreibungsfrist) und die dazu verhältnismäßig kurzen Laufzeiten der Verkehrserträge (10-15 Jahre), will die EU Kommission "kompetente Autoritäten" (staatlichen Stellen) dazu verpflichten, die damit einhergehenden finanziellen Risiken der notwendigen Investitionen zu tragen. Die unternehmerischen Risiken des erzwungenen Wettbewerbs werden somit den Unternehmen genommen und den Steuerzahlern aufgehalst.
  • Um genügend Fachkräfte bei der Bahn zu halten, sollen "European Works Councils" geschaffen werden. Damit wird die nicht verpflichtende Möglichkeit gegeben, dass Länder eine Vorschrift erlassen mit der Beschäftigte bei einem Betreiberwechsel von den neuen Unternehmen übernommen werden. Unter welchen Bedingungen der Wechsel erfolgt und für welche Beschäftigte das gilt, wird wenn überhaupt nur regional geregelt. Ein europaweite Spaltung der Beschäftigten, einhergehend mit der Schaffung einer reinen theoretischen Hoffnung für die Beschäftigten auf eine Übernahme, soll damit vollzogen werden.

Festzustellen ist, dass die Regierungen auch über ihren Einfluss in der EU immer mehr Verrenkungen machen, um einen "Wettbewerb" auf der Schiene europaweit auf Biegen und Brechen zu erzwingen. Trotz aller bekannten Unzulänglichkeiten und Unmöglichkeiten der Umsetzung des Wettbewerbs, wird durch mehr und mehr staatlichen Regulierungen und europäischen Institutionen versucht diese aufzufangen.

Statt schlichtweg zuzugeben, dass es einen solchen "Wettbewerb" auf der Schiene nicht wirklich geben kann, wird der einst zuverlässig funktionierende Bahnverkehr aus einer betrieblich und organisatorisch einheitlich kontrollierten öffentlichen Hand, im alleinigen Interesse der Nutzer und unter Berücksichtigung der Interessen der Beschäftigten, in einer Partnerschaft aus Staat und Kapital, inkl. den Investmentgesellschaften der Banken, für deren Gewinnmaximierung bereitgestellt.

Unterm Strich bleibt das erklärte Ziel von EU Kommissar Siim Kallas, das Netz vom Betrieb zu trennen und damit über den "Wettbewerb" eine Privatisierung des Bahnbetriebes voranzutreiben. Als Este sollte es Kallas wissen, dass die Bahnprivatisierung nicht funktioniert. In Estland wurden bereits alle schlechten Erfahrungen mit der Bahnprivatisierung gemacht. Die Bahn musste dort nach ihrem Zusammenbruch mit riesigen Verlusten vom Staat zurückgekauft werden und funktioniert bis heute nicht wie einst vor der Privatisierung.

Und wie positionieren sich die Gewerkschaften hierzulande zu den Plänen der EU und der ablehnenden Haltung demgegenüber durch ihre Mitglieder:

Der GDL Vorsitzende begrüßt das 4.Eisenbahnpaket, in welchem Auftrag auch immer:
http://www.dbb.de/cache/teaserdetail/artikel/4-eisenbahnpaket-weselsky-begruesst-eu-plaene.html

Vertreter der „EVG“ sprechen dabei weiterhin von einem "Eisenbahnmarkt":
http://www.evg-online.org/Presse/Pressemitteilungen_2013/13_01_30_Eisenbahnpaket/

Die österreichische „Vida“ geht klar positioniert mit den Plänen der EU ins Gericht:
http://www.vida.at/servlet/ContentServer?pagename=S03/Page/Index&n=S03_0.a&cid=1356596162735

Ein übergreifender Widerstand der Beschäftigten und Nutzer der europäischen Bahnen gegen die Pläne der EU Kommission, sowie der Widerstand aller Steuerzahler in der EU, die ebenso für die Privatisierung der Bahn zahlen sollen, ist nun eine unumgängliche Konsequenz.

Die intensive Aufklärung der Öffentlichkeit (der Beschäftigten, Nutzer und Steuerzahler) und die Verbreitung der tatsächlichen Ziele der EU mit ihrem 4.Eisenbahnpaket, sollte nun das die bisherigen Grenzen übergreifende Ziel aller betrieblichen, gewerkschaftlichen und politischen Kräfte darstellen. Ob in den schon jetzt betroffenen Bereichen der Bahnen, oder in europaweiten Protestaktionen, verbunden mit einem aktiven Widerstand der Beschäftigten, Gewerkschaften, Parteien und politischen Kräften. Nationalistische Wege haben dabei nichts verloren, denn betroffenen sind wir alle!


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