Der Senat von
Berlin hat nun schon zweimal die Bewerbungsfrist für die an der
Ausschreibung, Zerschlagung und Privatisierung der Berliner S-Bahn
interessierten Unternehmen und Konzerne verlängert. So scheint auch
das zweite so genannte Präqualifikationsverfahren des Berliner
Senats so eindeutig und sicher zu sein, wie das erste Verfahren, dass
die DB AG gerichtlich infrage stellte und über einen
außergerichtlichen Vergleich mit dem Berliner Senat erfolgreich
kippte. Der Senat von Berlin hat sich bereits beim ersten Verfahren
den Interessen der Deutschen Bahn AG unterworfen, so wie er es
offensichtlich im zweiten Verfahren wiederholt.
Bei der
neuerlichen Infragestellung der S-Bahn Ausschreibung, und deren
weiteren zeitlichen Verschiebung, auf Druck der an der Ausschreibung,
Zerschlagung und Privatisierung der Berliner S-Bahn interessierten
Unternehmen und Konzerne, geht es um die Frage, welche
tariflichen Bedingungen der Berliner Senat eigentlich für die
Beschäftigten des zukünftigen Ring-Bahn Betreibers festschreiben
darf. Es geht um die Festschreibung des BuRaLfTV (GDL) und
Branchen TV (EVG) für den zukünftigen Ring-Linien Betreiber.
Der Senat von
Berlin zwar die Anforderungen im Wettbewerb um die niedrigsten Löhne
und schlechtesten Arbeitsbedingungen scheinbar verschärft, doch
aufgrund eines ausstehenden Gerichtsurteils am Verwaltungsgericht
Düsseldorf hält sich der Berliner Senat offen, seine tariflichen
Vorgaben auf Grundlage des ausstehenden Urteils in NRW ggf.
zurückzunehmen. Was hat Düsseldorf mit Berlin zu tun? Der Senat
unterwirft sich den Interessen der Unternehmen und gibt nur vor
die Interessen von uns Beschäftigten zu berücksichtigen!
Wenn die
Medien davon berichten, dass bei der S-Bahn Ausschreibung die
bisherigen Tarif- und Sozialstandards für die Beschäftigten
erhalten bleiben, dann wird von der Beibehaltung der eh schon
unzureichenden Standards berichtet. Tatsächlich steht selbst diese
Beibehaltung so nicht in der Auftragsbekanntmachung des Berliner
Senats an die interessierten Unternehmen und Konzerne geschrieben. Es
handelt sich nur um eine Absicht auf Basis des grobmaschigen
BuRaLfTV und des 6% niedrigeren Branchen-TV.
"Die
Auftraggeber beabsichtigen, von ihrer Befugnis nach Art. 4 Abs. 5 VO
(EG) Nr. 1370/2007 Gebrauch zu machen. Hierfür soll jeder Bieter
verpflichtet werden, den im Fahrbetrieb des betreffenden Teilnetzes
beschäftigten Arbeitnehmern/innen ein Arbeitsplatzangebot auf
Basis des einschlägigen Tarifvertrages sowie der nach § 613a BGB
geltenden Konditionen zu unterbreiten, an das er bei
Zuschlagserteilung bis 30 Monate vor der Betriebsaufnahme gebunden
ist. Nähere Angaben enthalten die Vergabeunterlagen."
Auftragsbekanntmachung – Land Berlin und
Brandenburg
Wer die
... "bisher
im Fahrbetrieb des betreffenden Teilnetzes beschäftigten
Arbeitnehmer/innen"
... sind, sagt uns weder der Senat noch das S-Bahn Management. Bist
du es, bin ich es, oder sind es wir alle die dann als überzähliges
Personal zum Arbeitsamt der DB Jobservice wechseln dürfen?!
Wir Lokführer
haben seit April 2013 keinen tariflichen Kündigungsschutz mehr. Wir
können uns entweder dem “Landverschickung-Tarifvertrag“ der EVG
unterwerfen, oder beim Amt für Arbeit melden. Keine Silbe spricht
von einer Übernahmepflicht für den neuen Betreiber, alle für einen
sicheren und zuverlässigen S-Bahn Verkehr nötigen Personale zu
übernehmen. Auch der Vertrieb, also der Ticketverkauf mit all
unseren Arbeitsplätzen, soll in einer separaten Ausschreibung vom
Senat aus der S-Bahn ausgegliedert und privatisiert werden soll.
S-Bahn Tickets soll es dann nicht mehr mit Service und Kompetenz
geben, sondern mit Ketchup und Senf.
Wir alle aus
allen Berufsgruppen der S-Bahn sind dem Senat von Berlin
offensichtlich scheiß egal. Egal, ob wir überhaupt ein Arbeitsplatz
beim neuen Betreiber erhalten, egal, ob überhaupt auch nur einer von
uns S-BahnerInnen zukünftig noch bei der S-Bahn in Berlin
arbeiten wird. Bedenken wir dabei, dass nach den Vorstellungen des
SPD/CDU geführten Senats von Berlin im Jahr 2014 die Ausschreibung
der Stadtbahn beginnen und im Jahr 2016 mit der Nord/Süd-Bahn auch
der dann noch verbliebene Teil der Berliner S-Bahn ausgeschrieben und
privatisiert werden soll. Sicher ist, dass nichts sicher ist.
Optimierung
2.0 - Im Auftrag der Ausschreibungs-, Zerschlagungs- und
Privatisierungspolitik
Die an der
Ausschreibung, Zerschlagung und Privatisierung der S-Bahn
interessierten Unternehmen und Konzerne sehen darin ihre Chance,
auf Kosten der mit Steuergeldern finanzierten Regionalisierungsmittel
für den Regional- und Nahverkehr und auf Kosten von immer weiter
steigenden Ticketpreisen und auf Kosten unserer Arbeitsplätze und
-bedingungen, ihre Gewinne zu machen. Das S-Bahn Management dreht
derweil wiederholt die Schrauben deutlich an. Vielleicht nicht bei
den Radsätzen und Bremsen, dafür aber bei uns Beschäftigten.
Mit der
Bewerbung der S-Bahn Berlin GmbH und DB Regio AG, zusammen mit
Siemens, Stadler und Bombartier, an der Ausschreibung,
Zerschlagung und Privatisierung der S-Bahn, stellt das S-Bahn
Management selbst die vorhandenen S-Bahn Werkstätten infrage, da
sich die Fahrzeughersteller mit der Wartung ihrer Neubauzügen
ein zusätzlich gutes Geschäft versprechen. Die propagierten
Garantien, die durch die Zusammenarbeit mit den Fahrzeugherstellern
hervorgezaubert werden sollen, dient dem S-Bahn Management nur als
Blendgranate, um so selbst die verbliebenen S-Bahn Werkstätten
“aufgrund der unumgänglichen Notwendigkeit“ zu schließen.
Die
Abschaffung von uns Aufsichten und die skrupellose Umsetzung von ZAT
in all seinen Varianten ist das wichtigste Projekt der derzeitigen
S-Bahn Geschäftsführung. Es stellt für das S-Bahn Management, in
Abstimmung mit dem Senat von Berlin, zumindest bis Ende 2017
eine sprudelnde Geldquelle dar. Die schleichende Erhöhung des
Arbeitsdrucks durch ZAT für uns Lokführer wird sich vielleicht
nicht sofort als Belastung darstellen, doch mit dem
flächendeckenden Einsatz von ZAT wird sie für jeden von uns gut
1000 Tf's spürbar.
Das
wirkliche Nachsehen haben diejenigen von uns S-BahnerInnen, die ihre
Belastungsgrenze erreichen, dienstuntauglich werden und ihren
Arbeitsplatz verlieren.
Die S-Bahn
Manager bejubeln sich, wenn sie ihre Zahlen ohne uns Aufsichten sehen
und gleichzeitig Existenzen zerstören. Uns wollen die Manager
erzählen, dass das wegen der Ausschreibung sein muss, doch die
Entscheidung welches Unternehmen sich eine goldene Nase mit der
Berliner S-Bahn verdienen darf fällt nicht mit der Abschaffung von
uns Aufsichten, sondern mit den niedrigsten Löhnen und schlechtesten
Arbeitsbedingungen. Diese Entscheidung trifft die von Lobbyisten
verseuchte Landes- und Bundespolitik, egal welcher Partei.
Das können
wir gemeinsam ändern, indem wir ein erstes von uns bereits mit fast
1000 Unterschriften gefordertes Zeichen als Beschäftigte und
Betroffene bei der S-Bahn an das Management und die Politik
aussenden. Wer dieses deutliche Zeichen einer von den S-Bahn
Beschäftigten geforderten Gesamtbetriebsversammlung während
ihrer Arbeitszeit verhindert, will die Ausschreibung, Zerschlagung
und Privatisierung der S-Bahn, mit all seinen schon heute sichtbaren
Folgen für uns Beschäftigte, ganz offensichtlich nicht verhindern,
sondern im Sinne der dafür verantwortlichen Politik und dem
skrupellosen Management wohl nur verwalten und begleiten!
Kein
Wettbewerb der Interessenvertretungen
Die
sogenannten Vertreter unserer Interessen im Betriebsrat, den
Gewerkschaften und Parteien sehen wohl in der Ausschreibung,
Zerschlagung und Privatisierung der S-Bahn für sich und ihrem
Führungsanspruch kein Problem. Sonst würden sie die Ursache und
nicht nur die Auswirkungen der Privatisierungspolitik bekämpfen.
Funktionäre der EVG und GDL kratzen sich in der Öffentlichkeit
immer wieder die Augen aus, bei der Verhinderung eines
wirkungsvollen Widerstandes von und mit uns Beschäftigten sind sie
sich jedoch scheinbar einig.
Ein
Wettbewerb der Interessenvertretungen mit und im Sinne von uns
Beschäftigten ist noch nicht verboten! Es gibt insbesondere für
Betriebsräte und Gewerkschaften viele Mittel und Wege, einen
Optimierungs- und Privatisierungsplan der Politik und des
Managements, auf Kosten von uns Beschäftigten und NutzerInnen der
S-Bahn, zu durchkreuzen. Natürlich sind Gesetze und Gerichte so
gestrickt, dass sie die Arbeit von Betriebsräten und Gewerkschaften
erschweren. Doch allein der Wille z.B. einen knallharten
Überleitungstarifvertrag gemeinsam mit uns betroffenen
S-BahnerInnen zu erkämpfen kann vieles bewirken und für uns
erreichen!
Der
Mut, die Kraft und die Entschlossenheit zu einem kollektiven
Widerstand kommt jedoch nicht mit einer durchgeschlafenen Nacht. Dazu
braucht es KollegInnen von uns, die sich nicht über ihre Eitelkeit
vom Management einfangen lassen, die sich nicht mit
Gewerkschaftsposten zufrieden geben und sich nicht mit lukrativen
Arbeitsplätzen kaufen lassen. Das kann jeder von uns sein, dem
bewusst ist auf welcher Seite wir Beschäftigte im Kampf um unsere
Interessen gegenüber einer skrupellosen Privatisierungspolitik
stehen.
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