So können wir uns nur mit folgenden Worten an die Beteiligten der Betriebsversammlung wenden.
Wehrte Damen und Herren der Politik, wir wissen, durch ESM und Fiskalpakt sind Sie als Senat im Würgegriff der Krise, verursacht durch die Spekulanten an den Weltbörsen. Der SENAT sieht sich offensichtlich verpflichtet, einen nie da gewesenen Sparzwang auf uns alle zu erlegen. Aus deren Folge des Fiskalpakts, sollen nun über 3000 Arbeitsplätze allein bei der Berliner S-Bahn in Gefahr raten. Das durch diese Sparpolitik auf Kosten der Bürger/innen kann schon heute jeder von uns am eigenen Leib spüren. So schließen schon jetzt nicht allein erste Bürgerämter. Andere öffentliche Einrichtungen werden wohl folgen. Berlin sitzt auf einem gigantischen Schuldenberg. Wie will die Politik allein aus diesem Hintergrund den sogenannten Interremsverkehr bei der Berliner S-Bahn, für den Zeitraum ab 2018 bis zum vollständigen und funktionsfähigen Einsatz der avisierten Neubaufahrzeuge, erbringen? Zur Zeit reden Eingeweihte von mehreren 100 Millionen in der Zeit bis 2022.
Ein auf der Betriebsversammlung anwesender Politiker von der SPD wollte die Kostenfrage erst nicht verstehen und bat um Erläuterung durch S-Bahner/innen. Als er begriff, um was es hier geht meinte er, das würde ungefragt vom neuen Betreiber bezahlt werden. Die anwesenden Kollegen schüttelten nur den Kopf und als sie von einem Kollegen gefragte wurden, ob das eine befriedigende Antwort wäre, lachten sie nur noch.
Klar ist, dass Ausschreibungen jeder Zeit zurückgenommen bzw. aufgehoben werden können. Dieser Sachverhalt wurde den Herren der Politik, den Gewerkschaftsfunktionären und Betriebsräten durch einen S-Bahner nachweislich dargestellte. So wie der Aktionsausschuss, hat auch Herr Best (Moderator) und Frau Reichert (amtierende Betriebsratsvorsitzende) richtig festgestellt, dass es sich bei der Ausschreibung der S-Bahn nicht um ein Naturereignis, sondern um einen reinen politischen Willen handelt. Und es keine zwingende Rechtsnorm gibt, die diese Ausschreibung, so wie vom Senat verabschiedet, vorschreibt.
In der Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen VOL/A § 17 - Aufhebung von Vergabeverfahren - steht, dass Vergabeverfahren aufgehoben werden können:
- Kein Angebot gemacht wurde
- Sich die Grundlage für die Ausschreibung grundlegend geändert haben
- ein wirtschaftlicher Betrieb nicht zu erwarten ist
- technische Gründe bei der Eigenart der zuvergebenen Leistungen eine Ausschreibung als nicht Ziel führend erwarten lässt
Komischerweise hatten die Politiker, welche vom S-Bahn Betriebsrat auf das Podium ihrer Betriebsversammlung gehoben wurden, keine Antwort auf diese nachweisbare Passage ihrer eigenen Ausschreibungspolitik. Herr Sennheim, als Aufsichtsratsvorsitzender der S-Bahn, sprang auf und meinte, dass dieses Gesetz nicht mehr für die S-Bahnausschreibung angewendet werden kann. Selbst die von einem S-Bahner dargelegte Praxis in anderen Bundesländern, wo die DB-Regio mit der Erbringung von Verkehrsleistungen im SPNV direkt beauftragt werden, wurde von Herrn Sennheim als rechtlich nicht haltbar zurückgewiesen. Er stellte sich als eine der Triebkräfte bei der Ausschreibung der S-Bahn dar.
Wenn nun das Unternehmen “Sarotti“* den Zuschlag für die Ring-Linien bekäme, dann müsste die S-Bahn nach Aussagen des S-Bahn Managements zerschlagen werden, damit der diskriminierungsfreie Zugang der privaten Gleispiraten ermöglicht wird. D.h. Es werden die bisherigen Geschäftsbesorgungsverträge im Bereich der Infrastruktur gelöst. Nun soll auf Initiative des Berliner Senats auch der Bereich des Fahrkartenverkaufs aus der S-Bahn Berlin GmbH herausgelöst werden. Selbst wenn die S-Bahn den Zuschlag bekäme, würde sie genau wie “Sarotti“* handeln. De facto bedeutet der Gewinn der Ausschreibung durch die Deutsche Bahn AG ebenfalls die Zerschlagung der S-Bahn, genau so als wenn “Sarotti“* die Ausschreibung gewinnen würde.
Ein Kollege fragte auf der Betriebsversammlung dann noch einmal die Funktionäre der EVG und GDL, sowie den Betriebsrat, was sie unternehmen wollen, um den von mindestens 1000 S-Bahner/innen geforderten Kampf um die S-Bahn aufzunehmen und die Ausschreibung mit all ihren Folgen und Kosten für die Nutzer, uns Steuerzahler und S-Bahner/innen zu stoppen. Einzig die Betriebsratsvertreterin verlas, als die Politiker weg waren, Forderungen des Betriebsrates. Diese haben jedoch nur bestand, “... solange es möglich ist.“. Leider bleiben die Betriebsratsfürsten, die auch in der Gewerkschaft erfolgreich jeden Widerstand gegen die Ausschreibung bei der S-Bahn bekämpfen, weit hinter den Möglichkeiten einer wirklichen Interessenvertretung zurück. Der Forderungskatalog des Betriebsrates steht ebenso weit hinter dem Sofortprogramm zur vollen Wiederherstellung der S-Bahn zurück. Dieser Katalog erscheint eher wie eine Kapitulationserklärung. Das heißt, wenn die Ausschreibung gestartet ist, scheint der Drops für die Fürsten, den kleinen Königen und Angsthasen im Betriebsrat, gelutscht zu sein.
Ein erstes, wichtiges und wirkungsvolles Zeichen an die Politik und das Management der Bahn wäre, die bereits von mindestens 1000 S-Bahner/innen geforderte und von den “Konterbetriebsräten“ bei der S-Bahn bisher verhinderte Gesamtbetriebsversammlung aller S-Bahner/innen während ihrer Arbeitszeit. Dieser Verpflichtung kommt die Mehrheit im Betriebsrat und die Gewerkschaften wohl aus Angst vor einer daraus entstehenden geschlossenen Kraft von uns S-Bahner/innen nicht nach.
* Sarotti ist ein symbolischer Name für alle privaten Gleispiraten und ihrem Interesse an Gewinnen mit der S-Bahn in Berlin
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