Die
Auswirkungen einer Ursache
Die
Bahnprivatisierung hat eine Ursache, aber unzählige Auswirkungen auf
unser Leben!
Am
Start der Privatisierungswelle im Eisenbahnsektor stand
Großbritannien. In der “Thatcher-Ära“ wurde damit begonnen, die
staatliche Bahngesellschaft British-Rail zu zerschlagen. Mit
drastischen Folgen für die Bahnmitarbeiter und Bahnnutzer.
Alex
Gordon (Vorsitzender der britischen Bahngewerkschaft RMT) war mit
seiner Analyse zur Privatisierung der britischen Eisenbahn und deren
Auswirkungen auch auf die Situation bei der S-Bahn in Berlin zu Gast.
Am 18.09.2012 berichtete er uns von den Erfahrungen, Kämpfen,
Niederlagen und Siegen unserer britischen Kollegen/innen mit der
Bahnprivatisierung. Aber auch von den unübersehbaren Parallelen zur
S-Bahn in Berlin.
Zu
erst wurden die Gewerkschaften von der Regierung in London gefügig
gemacht, zerschlagen, oder verboten. Nur so konnte sie ihre Pläne
der Privatisierung von bis dahin staatlichen Unternehmen und
Bereichen der öffentlichen Daseinsfürsorge umsetzen. Auslöser
dafür sind die Krisen der Banken, die an den Börsen und im
produzierenden Gewerbe keine wesentlichen Gewinnmaximierungen mehr
erwarten. So sollte eine Kooperation mit dem Staat her, um neue
Märkte für die Banken und ihre Investmentfonds zu schaffen.
Alle
Bereiche der britischen Bahn wurden in private Unternehmen
umgewandelt, die wiederum Subunternehmen mit der Unterhaltung der
Bahn beauftragten. Das Wissen und Können der Eisenbahner waren
fortan nicht mehr gefragt. An der Sicherheit, Wartung und
Instandhaltung der Bahnanlagen und Zügen wurde immer mehr gespart,
damit die Renditen der privaten Unternehmen und ihren Geldgebern
stimmten. Zahlreiche Unfälle, unübersehbare Mängel an den Zügen
und Entlassungen bei den Eisenbahnern waren nun an der Tagesordnung.
Für
wenig Geld wurde den privaten Betreiber der Wagenpark der ehemals
staatlichen Britisch Rail überlassen. Die Loks, alle auf der Insel
verfügbaren, wurden zu Beginn der großen Privatisierung von einem
privaten Eisenbahnunternehmen aufgekauft, um sie dann an die anderen
neuen Privatunternehmen zu vermieten. Das Ergebnis waren Züge und
Schienen die bis auf's Blech abwirtschaftet wurden und teilweise
ungenutzt vor sich hin rosteten. Zeitgleich wurden Strecken
stillgelegt und Zugverbindungen gestrichen und die Ticketpreise
stiegen.
Unfälle
und Zugkatastrophen, in denen teilweise bis zu 18 Einzelunternehmen
verstrickt waren, nötigten die Regierung zum Handeln. Die
Infrastruktur wurde wieder unter staatliche Kontrolle gestellt. Im
Auftrag der Regierung betreibt nun ein privates Unternehmen die
Infrastruktur. Ein massiver Widerstand der Beschäftigten führte
dann sogar zu Pleiten bei den Unternehmen. Diese kamen dann wieder
unter staatlicher Kontrolle. So passierte es auch bei der Londoner
U-Bahn („Tube“). Erst wurde sie zerschlagen und privatisiert,
dann nach einem Chaos im Betrieb, massiven Streiks und einem
öffentlichen Druck wieder unter öffentliche Kontrolle gestellt.
Der
Mc-Nulty-Bericht* der konservativen Regierung in London zeigt nun das
Scheitern der Privatisierung in Großbritannien auf und zeitgleich
den privaten Unternehmen und der Politik, welche Möglichkeiten es
für eine Weiterführung der Privatisierung in ihrem Sinne gibt.
Dieser Bericht stößt auch bei der Deutschen Bahn AG auf hohes
Interesse. Mit Gefahren für uns alle!
„Wir
können heute aus unseren Erfahrungen sagen, dass die Privatisierung
der Bahn keine Zukunft hat!“ Alex
Gordon (RMT)
Der
Angriff gehört den Ursachen, nur so werden auch deren Auswirkungen
beseitigt!
Wenn
wir unsere derzeitige Situation bei der Bahn ansehen, erkennen wir
die gleiche Situation wie in Großbritannien, vor dem Scheitern der
Bahnprivatisierung durch die Regierung. Nur haben die hiesigen
Bundes- und Landesregierungen aus dem Scheitern der Privatisierung in
anderen Ländern nichts gelernt. Sie denken trotz Chaos, Stress und
Krisen, dass man die Pest der Bahnprivatisierung durch die
Bundesregierung, durch die Cholera der Bahnprivatisierung durch die
Landesregierungen ausmerzen kann. Jede reale Alternative wird von
ihnen blockiert.
Nicht
erst am Beispiel der von der Deutsche Bahn AG hervorgerufenen interne
Zerschlagung der S-Bahn in Berlin ist, wie schon bei der
gescheiterten Zerschlagung der Londoner „Tube“, zu erkennen, dass
die S-Bahn dadurch erst recht nicht mehr funktioniert. Die
Ausrichtung von den Verkehrsunternehmen auf Gewinne, Einfluss und
Macht zeigt sich mit ihren fatalen Folgen auch bei bei den kleinen
“Königen“ in den Führungsebenen. Ungunst, Eitelkeit und Neid
lassen keine vernünftige Zusammenarbeit der Bereiche und im
Zugbetrieb mehr zu. Hinzu kommt der Auftrag und die Skrupellosigkeit
der Manager, mit der Bahn auf unser Kosten ihre Gewinne zu machen.
Dass
die Interessen der Beschäftigten dabei im Schoß unserer hiesigen
Gewerkschaften gut aufgehoben sind, ist wohl ein grober Trugschluss.
Wie schon in Großbritannien wurden die Gewerkschaften auch
hierzulande längst gefügig gemacht. Die deutschen Gewerkschaften
gelten nicht nur bei unseren Kollegen/innen in Europa als
Sozialpartner der Unternehmen und deren Co-Manager. Diverse
Vorzüglichkeiten des Arbeitgeberlagers gegenüber den Eitelkeiten
von assimilierten Interessenvertretern schaffen so auch deren aktive
Passivität. Selbst die Privatisierungsbefürworter in der Politik
und in den Unternehmen erhalten inzwischen von den Gewerkschaften ein
Podium. Deren Interessen sollen so als von Gott und der EU gegebene
Vorgaben unters Volk gestreut werden. Damit sollen selbst die von der
Privatisierung massiv Betroffenen, diese Vorgaben entgegen ihrer
eigenen Interessen widerstandslos hinnehmen.
Die
noch in diesem Jahr mit dem vierten Pakt der EU zur Liberalisierung
des Schienenverkehrs anstehende Europa weite gesetzliche Fortsetzung
der Bahnprivatisierung zeigt, dass es bei der Bahn in keiner Weise
mehr um die Mobilität der Bevölkerung und die Beförderung von
Gütern geht. Mit der gesetzlichen Liberalisierung der Bahn geht es
dort zukünftig nur noch darum, mit dem Bedürfnis der Menschen fette
Renditen zu erwirtschaften und ordentliche Gewinne zu machen. Von
Gott gegeben sind diese Gesetze natürlich nicht. Sie werden von den
Lobbyisten der Unternehmen geschrieben und den Politikern entgegen
unserer Interessen umgesetzt.
Einen
wirkungsvollen Widerstand können diese Politiker und Manager nur von
denen erwarten, die von ihren Plänen massiv betroffen sind. Das sind
nicht die Vertreter unserer Interessen, denn sie vertreten oft nur
ihre Interessen und wechseln in letzter Not zur Gegenseite über, um
ihren Hintern zu retten. Unsere Ä... können wir daher nur selber
retten. Einen Europa weiten Widerstand gegen das vierte Pakt der
Liberalisierung des Schienenverkehrs und jede Art der Privatisierung
bei der Bahn wird es daher nur von denen geben,
die wissen wo ihre Kraft liegt. Nicht im Aufzeigen der Schwächen
anderer, sondern in der Geschlossenheit aller Betroffenen. Das sind
wir, als Mehrheit bei der Bahn. Ohne uns können die Manager und
Politiker zwar viel wollen, aber nichts erreichen! Schaffen wir einen
breiten Widerstand, in unserem Interesse!
*http://www.bahn-fuer-alle.de/pages/hintergrund/erfahrungen-in-anderen-laendern/der-mcnulty-report.php
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